Der Urvater moderner Reiseberichte: Vielen von uns ist Robert Louis Stevenson als Autor von "Die Schatzinsel" bekannt. Schon bevor sich der reisebegeisterte Schotte der Schriftstellerei als Lebenswerk widmete, hielt er viele seiner Abenteuer in Kurzgeschichten und Essays fest. Doch woher hatte Stevenson seine Leidenschaft für das Reisen und warum wurden aus einfachen Reiseberichten fantasievolle Abenteuerromane?
Stevenson wurde am 13. November 1850 in der schottischen Hauptstadt Edinburgh geboren. Er war der einzige Sohn von Margaret Isabella und Thomas Stevenson. Sein Vater war wie seine Vorfahren als Leuchtturmbauer tätig. Schon früh hielt er Robert Louis dazu an, dieser Familientradition zu folgen. Dieser konnte sich dafür jedoch nur wenig begeistern. Stattdessen entwickelte er bereits in Kindesjahren im Rahmen von Kirchengeschichten ein grundlegendes literarisches Interesse. Die Grundschule besuchte Stevenson aus gesundheitlichen Gründen nur spärlich, bis er aufgrund einer Bronchitis völlig auf Privatunterricht beschränkt wurde. Trotz aller Schwierigkeiten legte er 1875 die Abschlussprüfung der „Scottish Bar“ ab und wurde als Anwalt vor den Obergerichten zugelassen.
Schon in jungen Jahren verfasste Stevenson erste Kurzgeschichten und Essays. Zwar träumte sein Vater davon, dass er eines Tages in seine Fußstapfen als Leuchtturmbauer treten würde. Dennoch brachte er Verständnis für seinen Sohn auf und unterstützte ihn sogar. So konnte Robert Louis Stevenson mit „Pentland Rising“ im Alter von 16 Jahren sein erstes Buch veröffentlichen. Unmittelbar nach Abschluss seiner Anwaltsprüfung im Jahr 1875 lernte er den Schriftsteller William Ernest Henley kennen, der seine Leidenschaft für das Schreiben stärkte. Gemeinsam verfassten sie unter anderem das Schauspiel „Deacon Brodie“, das Stevenson später in „Der seltsame Fall des Dr. Jekyll und Mr. Hyde“ ausarbeitete. Während der Wintermonate beschäftigte sich Stevenson von nun an überwiegend mit Literaturstudien. Im Sommer gab er sich meist seiner neugewonnenen Reiselust hin. Das Erlebte nutzte er als Inspiration für seine Essays.
Im Sommer 1876 unternahm Stevenson unter anderem eine Kanufahrt von Antwerpen bis zur Oise, die er in seinem zwei Jahre später erschienenen Reisebericht „An Inland Voyage“ beschrieb. Anschließend reiste er nach Frankreich, wo er bereits 1875 seinen Cousin „Bob“ getroffen hatte. Dort lernte er Fanny Osbourne kennen, die ebenso wie sein Cousin Malerin war. Die beiden verliebten sich prompt ineinander. Nachdem sich die gebürtige Amerikanerin von ihrem vorherigen Ehemann scheiden ließ, heirateten sie und Stevenson im Jahr 1880. Zur Feier ihrer Hochzeit unternahmen sie eine Reise nach Juan Silverado in Napa County, die Stevenson in seinem Reisebericht „The Silverado Squatters“ zusammenfasste.
Auch im Erwachsenenalter blieb Stevenson nicht von Krankheiten verschont. Schon kurz nach seiner Hochzeit mit Fanny Osbourne stellte man bei ihm Tuberkulose fest. Die erschwerten Lebensumstände sowie diverse andere Schwierigkeiten zwangen die Familie regelmäßig zum Umzug. So lebten sie unter anderem zeitweise in der Schweiz, Schottland, Frankreich und England. Da Stevenson aufgrund seiner angeschlagenen Gesundheit ansonsten nur noch spärlich wandern und reisen konnte, gab er sich mehr und mehr der Schriftstellerei hin. Beim Malen mit seinem Stiefsohn Lloyd entstand die Inspiration für „Die Schatzinsel“. Die Geschichte wurde 1881 zunächst in der Jugendzeitschrift „Young Folks“ veröffentlicht. In Buchform erschien „Die Schatzinsel“ 1883 und feierte große Erfolge. Während die Familie in Bournemouth lebte, verfasste Stevenson 1886 mit „Der seltsame Fall des Dr. Jekyll und Mr. Hyde“ eine auf authentischen Begebenheiten basierende Schauernovelle und damit sein zweites großes Werk.